Andere Welten, doch eigentlich gar nicht so weit weg. Die Exkursion nach Berlin Kreuzberg, genauer gesagt zum Kottbusser Tor, offenbarte den Schülerinnen und Schülern andere Lebenswirklichkeiten. Auf sehr kleinem Raum finden sich im ehemaligen Sanierungsgebiet nicht nur alle Sanierungsarten, vom Kahlschlag über Blockentkernung bis zur behutsamen Stadterneuerung, sondern daraus resultierend auch sehr unterschiedliche Lebensweisen. Die im Unterricht besprochenen Mietskasernen und das integrierte Gewerbe selbst zu entdecken, brachte das Thema deutlich näher.
Es gab viel zu entdecken, hinter oft unscheinbaren Türen verbargen sich riesige Komplexe mit mehreren Hinterhäusern und Gewerbehöfen, schicke Treppenhäuser und heruntergekommene Gebäude finden sich in unmittelbarer Nachbarschaft. Auch die Läden spiegeln das multikulturelle Bild wieder, da ist der Späti neben der schicken Kiezkneipe, der türkische Bäcker neben einem Musikinstrumenteladen und einem Wettbüro. Und überall gibt es Gastronomie, hippe Szenerestaurants und Altberliner Kneipen und Shishabars. Der soziale Wohnungsbau, der direkt am Kottbusser Tor errichtet wurde, brachte dem Kiez einen schlechten Ruf ein, da hier ein Kriminalitätsschwerpunkt entstanden war. Kaum biegt man aber in die Seitenstraßen ab, findet man schick restaurierte Altbaufassaden, oft luxussaniert für gehobenes Klientel. In den alten Gewerbehöfen sind oft Startups eingemietet. Es gibt Kuriositäten wie einen kleinen Bauernhof und auch die eine oder andere Hinterhofmoschee. Und es gibt hier natürlich das legendäre SO 36, das Synonym für die Hausbesetzerszene wurde, die sich in den 80ern für den Erhalt von Wohnraum einsetzte und den Grundstein für das Entwickeln der behutsamen Stadterneuerung legte. Die alternative Szene ist an vielen Stellen des Kiezes ebenfalls präsent, wie z.B in der Wagenburg oder im Künstlerhaus Bethanien. Doch neben vielen schönen, bunten Eindrücken ist auch das Elend nicht zu übersehen. Obdachlosigkeit und Armut sind sowohl offen als auch verdeckt zu erkennen. Kreuzberg bietet die ganze Palette des Lebens, in die die Kurse einen kleinen Einblick erhalten konnten.
Text und Fotos: Merle Rosenfeld