Johann Pestke vom Evangelischen Gymnasium Hermannswerder gewinnt im Geschichtswettbewerb „Bewegte Zeiten. Sport macht Gesellschaft“ der Körber- Stiftung und des Bundespräsidenten den ersten Landespreis.
Sport macht Gesellschaft: Wie die „Olympiawiese“ auf Hermannswerder zu ihrem Namen kam.
Der alle zwei Jahre stattfindende Geschichtswettbewerb der Körber- Stiftung des Bundespräsidenten ist der größte historische Forschungswettbewerb für junge Menschen in Deutschland. Ein halbes Jahr haben die Teilnehmer Zeit, ihre Regional- oder Familiengeschichte zu untersuchen, so wie sie sich in keinem Lehrbuch findet.
Das diesjährige Thema sprach Johann aus der 8. Klasse sofort an. Er wollte unbedingt herausfinden, was es mit der „Olympiawiese“ auf der Inselspitze von Hermannswerder, seinem Wohn- und Schulort, auf sich hatte und warum dieser Ort und Name auf der Insel heute gar keine Rolle mehr spielen.
Dass das Projekt in Corona- und Homeschooling- Zeiten zu einer wirklich besonderen Lernleistung werden würde, ahnte Johann noch nicht, als er sich im September 2020 an die Arbeit machte. Die Online- Recherchen erwiesen sich als ernüchternd. Auch das Internet schien den Ort nicht zu kennen. Johann suchte und bekam Hilfe im Hoffbauer- Archiv, bei der Bauabteilung und fand die entscheidenden Artikel in den Inselblättern des Jahres 1936. Nachdem die Hürde, diese aus der altdeutschen Schrift zu übertragen, genommen war, kam die Antwort im Januar endlich ans Licht: In Sportbegeisterung und vor dem Hintergrund der Olympischen Spiele im nationalsozialistischen Berlin 1936 wurde auf der Inselspitze eine große Sportanlage gestiftet, angelegt und als „Olympiawiese“ feierlich eingeweiht. Da hätte die Arbeit für Johann beendet sein können, aber für ihn stellten sich weitere Fragen: Welche Funktion hatten dieser Sportplatz und der Sport für die Schülerinnen des damaligen Mädchenlyzeums mitten in der NS-Zeit? Und dann war da ja noch der Stifter Meyer- Lomax, der Vater einer Schülerin, der kurz darauf im KZ Oranienburg verschwand… Wieder begann eine Recherche-Runde, die Johann als die eindrücklichste beschrieb, denn er interviewte dann auch Frau Kreidel, eine über 90-jährige, ehemalige Schülerin des heutigen Gymnasiums. Der Schlussspurt vor dem Abgabetermin im Februar war heftig. Alle Ergebnisse und auch offen gebliebene Fragen sollten ja in einer schriftlichen Form als Wettbewerbsbeitrag dokumentiert werden.
Der Landessieg von 81 Teilnehmer:innen, 32 eingereichten Beiträgen, darunter 21 Einzelbeiträgen zeigt, dass Johann das hervorragend umgesetzt hat. Zunächst vor Freude über Sieg und Preis „total aus dem Häuschen“ reflektierte Johann ganz pragmatisch. Er wisse jetzt nicht nur viel mehr über seinen Wohnort, sondern auch, wie man eine Facharbeit schreibe, das brauche er noch im kommenden Schuljahr. Und er wäre stolz, wenn alle Inselbesucher: innen über eine aufgestellte Informationstafel an der Inselspitze auf die ehemalige Funktion des Ortes hingewiesen werden könnten, denn von dem einstigen Sportareal ist bis auf einen alten Fahnenmast-Rest nichts mehr zu finden.
Das Foto zeigt die Ehrung des Landessiegers (von links): Britta Ernst, Bildungsministerin; Johann Pestke, Preisträger; Katrin Sachse, Lehrerin am Ev. Gymnasium Hermannswerder, Tutorin im Wettbewerb und Dr. Thomas Paulsen, Vorstand der Körber-Stiftung.
Text: Katrin Sachse