Wie alles begann
Der Berliner RIAS Kammerchor (oben), einer der berühmtesten Chöre der Welt, übernimmt in der Saison 2015/16 die Patenschaft für die Junge Kantorei Hermannswerder unter der Leitung von Matthias Salge (unten). Geplant sind neben gegenseitigen Besuchen und gemeinsamen Proben die Aufführung eines Auftragswerkes im Sommer 2016.
Lesen Sie einen ersten Bericht über die Patenschaft sowie Auszüge aus den Programmheften des RIAS Kammerchores zur Projektpatenschaft mit der Jungen Kantorei Hermannswerder.
Überwältigender Klang
Als Herr Salge uns, der Jungen Kantorei Hermannswerder, im vergangenen Schuljahr ankündete, wir würden dieses Jahr der Patenchor des RIAS Kammerchor werden, wusste niemand so recht, was uns da erwarten würde. Wer ist überhaupt der RIAS Kammerchor? Diese Frage sollte sich für uns bald klären: Bei einem Probenbesuch in Berlin bezweifelte niemand mehr, dass mit dem RIAS Kammerchor einer der weltbesten Chöre vor uns stand.
Bereits auf unserer Chorfahrt am Schuljahresanfang hatten wir die Gelegenheit, vier Mitglieder des Chores näher kennenzulernen und mit ihnen einen Tag lang zu proben. Den offiziellen Auftakt zur Chorpatenschaft gab es dann am 30. September 2015 mit einer gemeinsamen Probe beider Chöre in der Aula mit einem frisch gestimmten Flügel.
Nach kurzen Begrüßungen und Reden wurde natürlich viel gesungen. Zuerst von uns, dann von unseren Gästen. Als der RIAS Kammerchor anstimmte, füllte sich die Aula mit einem überwältigenden Klang. Die anschließende gemeinsame Probe zweier Motetten von Maurice Duruflé und Felix Mendelssohn Bartholdy bildete einen schönen Abschluss, bevor das Buffet eröffnet wurde. Bei herzhaftem und süßem Gebäck hatten wir die Möglichkeit, mit den Profis zu reden und ihnen Fragen zu stellen.
Nach diesem Abend ist die Freude noch größer geworden, in diesem Schuljahr noch viele gemeinsame Aktionen mit dem RIAS Kammerchor unternehmen zu dürfen.
Marilen Martin
Bereichernd
Intensiver Austausch auf musikalischer und persönlicher Ebene – das ist eines der Ziele des RIAS Kammerchor-Patenchor-Projektes. Neuer Partner des Profiensembles ist die Junge Kantorei des Evangelischen Gymnasiums Hermannswerder. Die Mitglieder des RIAS Kammerchores ermöglichen den jungen Laiensängern einen Einblick in die Welt des professionellen Chorgesangs. Das Management des Ensembles weitet selbigen auf die administrativen Tätigkeiten aus, derer es bedarf, um Konzerte stattfinden zu lassen, Reisen zu ermöglichen, Säle und Seiten zu füllen. Das übliche also? Die Profis erklären den Laien, wie’s geht? Nein. Es ist vielmehr ein ständiges voneinander und miteinander Lernen und sich Weiterentwickeln. Ein (Lern-)Prozess. Und dieser hat mit einer ergreifenden Auftaktveranstaltung begonnen. Gemeinsames Singen, aber auch einander Zuhören standen auf dem Programm. Eine gute Möglichkeit, sich einander auf musikalische Art und Weise vorzustellen, die Arbeitsweise des anderen zu erleben und Begeisterung für das unbekannte Gegenüber zu wecken. Sowohl Emotion und Leidenschaft für die Musik und den Gesang, die bei den Schülern zu spüren war, als auch die Begeisterung, mit der Chorleiter Matthias Salge sich und seine Schüler den Projektteilnehmern vorstellte, berührten Sänger und Zuhörer gleichermaßen. Und die beiden Chöre haben viel vor. Geplant sind neben gegenseitigen Konzert- und Probenbesuchen die Aufführung einer Auftragskomposition, Stimmproben sowie ein Flashmob. Gefördert wird das Projekt dankenswerterweise nicht nur vom Freundeskreis des RIAS Kammerchores, welcher sich bereit erklärt hat, die Junge Kantorei Hermannswerder ins Konzert einzuladen. Es wird auch von der HoffbauerStiftung unterstützt, die neben finanziellen Mitteln zur Finanzierung der Auftragskomposition auch ein Filmteam zusammengestellt hat. Dieses begleitet Schüler und Sänger während dieses spannenden Jahres. Auch bietet es eine Möglichkeit für alle Beteiligten und Sie als Zuschauer, sich ein Bild davon zu machen, ob das Projekt sein Ziel erreicht hat. Eines ist es schon jetzt: Bereichernd!
aus: Programm zum 2. Konzert des RIAS Kammerchores, 10.11. 2015, Seite 26
Junge Kantorei zu Gast beim RIAS Kammerchor
Nach der Auftaktveranstaltung im September 2015 im Evangelischen Gymnasium Hermannswerder kam die Junge Kantorei Mitte Dezember zu Proben mit dem RIAS Kammerchor nach Berlin. Im Gemeindesaal der Nathanael-Kirche am Grazer Platz in Friedenau, dem Probenort des RIAS Kammerchores, hörten die knapp sechzig Schüler gemeinsam mit ihrem Chorleiter Matthias Salge zunächst den Profis bei der Arbeit an ihrem Weihnachtsprogramm zu. Im Anschluss durften die Patenchor-Schüler dann zwischen den 35 Sängerinnen und Sängern Platz nehmen. Auf dem Probenzettel stand die Motette Jauchzet dem Herrn alle Welt von Felix Mendelssohn Bartholdy. Ein unglaublich erhebendes Gefühl neben diesen starken Stimmen zu sitzen und gemeinsam mit ihnen zu singen, schwärmte in der Probenpause eine der Schülerinnen. Michael Gläser, Dirigent und langjähriger künstlerischer Wegbegleiter des RIAS Kammerchores, sensibilisierte die jungen Sängerinnen und Sänger für die Feinheiten in der Artikulation, die Präzision bei der rhythmischen Ausgestaltung und den so wesentlichen großen musikalischen Bogen. Doch die Junge Kantorei war nicht nur zum Singen an den Grazer Platz gekommen. Vielmehr hatten die Jugendlichen, die zwischen 15 und 19 Jahre alt sind, Fragen an die Profi-Sängerinnen und -Sänger mitgebracht. Auch Josefine und Tabea nutzten die Diskussionsrunde, um zwei der Projektmanagerinnen des RIAS Kammerchores, Katharina Schmidt und Christiane Wünsch, zu ihren Aufgabenbereichen zu befragen. Josefine fand die Vorstellung spannend, für den Chor zu arbeiten, und erhoffte sich von den gemeinsamen Gesprächen, erste Einblicke in die Organisation zu bekommen, während Tabea sich für das weite Feld des Musikjournalismus interessiert und darin auch schon erste Erfahrungen gesammelt hat. In kleinen Arbeitsgruppen tauschten sich die Schüler mit den Profisängern und dem Team des Chormanagements aus: Wie wird man Berufssänger? Wie sieht der Arbeitsalltag beim RIAS Kammerchor aus? Welche Qualifikationen benötige ich, um im Chormanagement zu arbeiten? Wer konzipiert die Konzertprogramme? Welche Abläufe bestimmen die Pressearbeit? Mit diesen und vielen weiteren Fragen wagten die Schülerinnen und Schüler einen Blick nach vorn und erhielten eine konkrete Vorstellung von der Arbeit im Kulturbereich. Im März 2016 wird der RIAS Kammerchor den Besuch der Jungen Kantorei aus Hermannswerder erwidern und für eine gemeinsame Probe nach Potsdam fahren. Dort werden auch die Gesprächsrunden weitergeführt – mit dem Ziel, das Abschlusskonzert im Juli 2016 mit interessierten Schülerinnen und Schülern gemeinsam zu organisieren. Für das Konzert wurde ein Kompositionsauftrag an Frank Schwemmer vergeben, der von der Hoffbauer Stiftung finanziert wird. Bis dahin werden wir unseren Patenchor mit Engagement und Begeisterung auf musikalischer und persönlicher Ebene begleiten. Wer sich schon vorher einen Eindruck von diesem inspirierenden Austausch machen möchte, der darf sich schon einmal auf den Nachmittag des 6. April dieses Jahres freuen. Was dann wo stattfinden wird, darf allerdings noch nicht verraten werden ...
aus: Programm zum Neujahrskonzert des RIAS Kammerchores, 01.01.2016, Seite 41